Recht so! Die Kanzleizeitung.
Ein die Verfahrenskostenhilfebewilligung aufhebender Beschluss wird aufgehoben, wenn die Antragstellerin im Überprüfungsverfahren ausreichend nachweist, nicht leistungsfähig zu sein, auch wenn nicht alle Angaben auf dem eingereichten Fragebogen vollständig ausgefüllt wuden (Beschluss OLG Celle vom 30.09.2021 zum Az. 17 WF 216/21
Das Amtsgericht hatte die Antragstellerin innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Familiengericht aufgefordert, das Andauern der Bedürftigkeit im Sinne der Vorschriften für die Verfahrenskostenhilfe erneut nachzuweisen.
Die Antragstellerin hat den Vordruck für Verfahrenskostenhilfe ausgefüllt und mit dem Wohngeldbescheid an das Gericht gesandt, dabei allerdings keine Angaben zu den 5 bei ihr lebenden Kindern im Antrag gemacht.
Das Gericht hat daraufhin den Bescheid über die ursprüngliche Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aufgehoben.
Die von der Antragstellerin eingereichte Beschwerde war vor dem Oberlandesgericht erfolgreich. Das Oberlandesgericht hat den Beschluss aufgehoben. Zur Begründung führt das OLG Celle aus, dass das Amtsgericht aus dem mit dem Formular eingereichten Wohngeldbescheid die Geburtsdaten der 5 Kinder und die tatsächliche Höhe der Miete hätte entnehmen können.
Unter diesen Umständen genügt ein umvollständig ausgefülltes Formular trotz Lücken, weil es lediglich dazu dient, um über die Abänderung der Verfahrenskostenhilfebewilligung zu entscheiden. Unter Berücksichtigung der Anlagen war dies möglich.
Die Fluggesellschaft wird verpflichtet, an den Kunden die Ausgleichszahlung gem. Art.7 Abs. 1 Ziffer 1a VO EG 261/2004 in Höhe von € 250,00 für die Verspätung des Flugs EW 7827 zu zahlen (AG Hamburg 35a C 476/18)
Die Kundin begehrt von der Fluggesellschaft Zahlung der Ausgleichszahlung für die verspätete Ankunft in Hamburg, nachdem der Flug von Mailand nach Hamburg auf Grund eines verspäteten Abflugs in Mailand wegen des in Hamburg bestehenden Nachtflugverbots in Hannover landen musste und die Fluggäste mit dem Bus nach Hamburg gefahren wurden. Das Gericht hat die Beklagte verurteilt, die Ausgleichszahlung zu leisten, weil sie nicht nachgewiesen hat, dass die kurzfristige Flugverspätung durch die Neuzuweisung eines Slots durch Eurocontrol dann zu weiteren Verspätungen führte, da die Beklagte selbst den neu zugewiesenen Slot nicht eingehalten hat und deshalb der Flug deutlich verspätet abgeflogen ist.
Die Anwaltsgebühren berechnen sich bei der Terminsgebühr nach dem vor dem Termin angekündigten Antrag und nicht nach dem dann in der Verhandlung tatsächlich gestellten Antrag (OLG Celle 17 WF 66/19).
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin auf Zahlung eines Betrags von € 14.737,11 zzgl. weiterer Anwaltskosten als Nebenforderung in Höhe von € 1.449,96 in Anspruch genommen. Im Laufe des Verfahrens hat der Antragsgegner, dem zuvor für das Verfahren bereits Verfahrenskostenhilfe verwehrt wurde, dann den Hauptsacheantrag zurückgenommen und für die Nebenforderungen einen Antrag auf Zahlung eines Betrags von € 2.349,54 angekündigt. In der Verhandlung selbst hat der Antragstellervertreter dann lediglich den ursprünglich angekündigten Antrag auf Zahlung einer Nebenforderung von € 1.449,96 gestellt. Wohl, weil er den zweiten Antrag nicht mehr präsent hatte, als es zur Antragstellung im Termin kam.
Das Amtsgericht hatte den Wert für die Terminsgebühr mit € 2.349,54 festgesetzt, wogegen der Antragsteller Beschwerde eingelegt hatte.
Das OLG Celle hat die Beschwerde zurückgewiesen. In der Begründung führt das Oberlandesgericht aus, dass eine Nebeforderung zur Hauptsache wird, wenn die Rechtshängigkeit der Hauptsache endet. Die Terminsgebühr entsteht jedoch nicht erst mit der Stellung der Anträge, sondern bereits dann, wenn der Termin durch Aufruf der Hauptsache beginnt und der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend ist, so dass der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Antrag für die Wertfestsetzung maßgeblich ist.
Wenn ein Ehepartner einen Teil der selbstbewohnten Immobilie an den anderen Ehepartner zu gewerblichen Zwecken vermietet hat, handelt es sich bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Kündigung der Mieträume um eine familienrechtliche Streitigkeit, die in die Zuständigkeit des Familiengerichts fällt (AG Ratzeburg Az. 17 C 59/19 vom 21.03.2019
Die Immobilie stand im Alleineigentum der Ehefrau, die einen kleinen Teil des Wohnhauses sowie eine Scheune an den Ehemann vermietet hatte. Die Einnahmen aus dem Mietvertrag waren Bestandteil der Finanzierung. Die Ehefrau hatte nach der Trennung der Eheleute den Mietvertrag mit dem Ehemann gekündigt und vor dem Amtsgericht auf Räumung geklagt. Der Ehemann war der Auffassung, dass es sich bei der Angelegenheit um eine Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handeln würde, die in die sachliche Zuständigkeit des Familiengerichts fallen würde. Das AG hat den Rechtsstreit an das Familiengericht verwiesen.
Der unterhaltspflichtige Ehegatte ist während des Trennungsjahres im Jahr der Trennung nicht dazu berechtigt, die Steuerklasse zum Nachteil der Unterhaltsberechtigten zu ändern (AG Uelzen Az. 3a F 150/17 UE vom 21.09.2017).
Während der Ehezeit hatte der unterhaltspflichtige Ehemann als Hauptverdiener seine Einkünfte nach Steuerklasse 3 und die unterhaltsberechtigte Ehefrau ihre Einkünfte nach der Steuerklasse 5 versteuert. Bei Eheleuten dann ein gängiges Model, wenn einer der Eheleute der Hauptverdiener ist.
Kurz nach der Trennung, noch im gleichen Kalenderjahr, hat der unterhaltsverpflichtete Ehemann seine Steuerklasse von 5 auf 4 geändert und dadurch deutlich niedrigere Einkünfte erzielt.
Die Ehefrau hat Unterhalt gerichtlich geltend gemacht und dabei die Einkünfte des unterhaltsverpflichteten Ehegatten weiterhi unter Berücksichtigung der Steuerklasse 3 berechnet.
Das Amtsgericht hat dem Unterhaltsantrag im Wesentlichen stattgegeben; insbesondere hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Ehemann nicht dazu berechtigt war, seine Steuerklasse ohne berechtigenden Grund zum Nachteil seiner Ehefrau zu ändern.
Anmerkung: ab dem 1.1. des auf den Trennungszeitpunkt folgenden Jahres ist auf alle Fälle die Steuerklasse auf Grund gesetzlicher Vorgaben zu ändern. Dann wäre hier für den unterhaltsverpflichteten Ehemann von der Steuerklasse 1 und bei der unterhaltsberechtigten Ehefrau von Steuerklasse 2 (da mindj. Kind im Haushalt lebt) auszugehen.
Eine Offenbarungspflicht für erhöhte Einkünfte trifft den Unterhaltsschuldner außerhalb eines laufenden gerichtlichen Verfahrens gegenüber dem Unterhaltsberechtigten nicht (OLG Celle Az. 10 WF 169/15 vom 01.07.2015).
Der Kindesvater wurde vor einigen Jahren zur Zahlung von Unterhalt an seine minderjährige Tochter verpflichtet. Mit Volljährigkeit des Mädchens, also dem Zeitpunkt, ab dem beide Eltern barunterhaltspflichtig sind, wurde das Mädchen von dem Vater aufgefordert, auf die Ansprüche aus dem Titel zu verzichten bzw. Auskunft über die Einkünfte der Mutter zu erteilen.
Im Gegenzug forderte die Tochter Ihren Vater auf, seinerseits Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte zu erteilen. Aus der Auskunft zu den Einkünften des Kindesvaters ergab sich ein in der Vergangenheit (seit 30 Monaten) deutlich erhöhtes Einkommen im Vergleich zu den Einkünften, die dieser zum Zeitpunkt der Titulierung des Unterhaltsanspruches erzielt hatte.
Die unterhaltsberechtigte Tochter hatte dann für diese Zeit die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahltem und dem nach der Neuberechnung nach ihrer Ansicht geschuldeten Unterhalt als Rückstand gerichtlich geltend gemacht.
Sowohl das Amtsgericht, als auch das Oberlandesgericht sind allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass § 1613 BGB hier unmittelbar anwendbar ist und für den zur Unterhaltszahlung verpflichteten Vater keine Pflicht bestand, die höheren Einkünfte seiner unterhaltsberechtigten Tochter mitzuteilen. Eine solche Verpflichtung hätte nur in einem laufenden Unterhaltsprozess bestanden. Eine solche Pflicht besteht nur im laufenden Unterhaltsprozess oder im Rahmen der Auskunftserteilung nach Aufforderung zur Erteilung einer neuen Auskunft über die Einkünfte.
Der Geschädigte in einem Verkehrsunfall muss sich bei der Berechnung der Höhe des Wiederbeschaffungswertes nicht auf das Internet und eine bundesweite Vergleichs-gruppe verweisen lassen; die Kleinkostenpauschale beträgt weiterhin 25,00 € (AG Lüneburg Az. 12. C 226/14 vom 11.09.2014).
Der Geschädigte in einem Verkehrsunfall hatte ein Gutachten über die Schadenhöhe anfertigen lassen, dass zu dem Ergebnis gelangt ist, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt und in dem Gutachten den Wiederbeschaffungswert und den Restwert ausgewiesen. Nach diesen Werten erfolgte die Abrechnung gegenüber der gegnerischen Versicherung. Diese hatte ein eigenes Gutachten über den Wiederbeschaffungswert anfertigen lassen, dass einen "Wiederbeschaffungskorridor" festgesetzt hatte, ohne genau zu erklären, wie es zu diesen "Wiederbeschaffungskorridor" gekommen ist. Dabei wurden allerdings im Internet ermittelte Verkaufspreise ähnlicher Fahrzeuge berücksichtigt. Die Tatsache, dass sehr ähnliche Fahrzeuge auch teurer angeboten wurden, als der vom Sachverständigen des Geschädigten angenommene Wiederbeschaffungswert, wurde in dem Gutachten der Versicherung nicht erwähnt.
Die Versicherung meinte weiter, dass die Kleinkostenpauschale nunmehr auf Grund gesunkener Telefonkosten nur noch mit 20,00 statt 25,00 € anzurechnen sei.
Das Gericht hat der Klage auf Zahlung der geltend gemachten Forderung in voller Höhe stattgegeben und darauf hingewiesen, dass ein pauschales Bestreiten eines Wiederbeschaffungswertes ohne qualifiziertes Gutachten und unter Inbezugnahme bundesweiter Angebote nicht ausreichend ist, um wirksam die eigene Rechtsauffassung zu belegen. Auch die Kleinkostenpauschale sei weiterhin mit 25,00 € angemessen!
Der Einsteller bei einer Online-Auktion ist berechtigt, die Auktion vorzeitig zu beenden, wenn das Auktionsgut ohne sein Verschulden gestohlen wurde; rechtskräftige Entscheidung des AG Oldenburg vom 19.07.2013 (bestätigt durch das Landgericht Oldenburg)
Der Beklagte hatte in einem Altbau, der komplett saniert werden sollte, alte gusseiserne Heizkörper entdeckt, die ursprünglich entsorgt werden sollten. Der Kläger kam nun auf die Idee, diese Heizkörper über ein Online-Auktionshaus zu versteigern. Der Kläger war Höchstbietender der noch laufenden Auktionen. Während des Auktionszeitraumes sind Diebe in das durch einen Bauzaun gesicherte Gebäude durch eine Öffnung in der rückwärtigen Wand eingedrungen und haben die bereitgestellten Heizkörper in der Nacht abtransportiert. Daraufhin hat der Beklagte die Auktion sofort beendet. Der Kläger begehrte von dem Beklagten Herausgabe der Heizkörper, ersatzweise Schadenesatz in Höhe des Wertes der Heizkörper.
Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte die Auktion abbrechen durfte, ohne sich dem Höchstbietenden gegenüber Schadenersatzpflichtig zu machen, da die Heizkörper entwendet wurden und den Beklagten ein Verschulden an dem Diebstahl nicht vorgeworfen werden kann.
Auf Grund des Eigengewichts der Heizkörper musste der Beklagte auch dann, wenn im rückwärtigen Teil des Gebäudes eine nicht verschließbare Öffnung vorhanden war, nicht damit rechnen, dass die schweren Heizkörper aus dem mit einem Bauzaun gesicherten Haus von Dritten entwendet werden würden.
Diese Entscheidung zeigt, welches Risiko es in sich birgt, eine in einem Auktionshaus gestartete Auktion vorzeitig abzubrechen. Grundsätzlich ist der Einsteller dazu verpflichtet, die Auktion durchzuführen; bricht er ohne ausreichenden Grund die Auktion vorzeitig ab, ist er zur Erfüllung der Auktion zum zu diesem Zeitpunkt höchsten Betrag verpflichtet. Anderenfalls besteht ein Schadenersatzanspruch des Bieters!
Die Kosten für eine Klassenfahrt stellen keinen von dem Unterhaltsschuldner zusätzlich zu übernehmenden Sonderbedarf des Kindes dar; rechtskräftiger Beschluss des AG Lüneburg vom 03.07.2012
Die Antragstellerin begehrte von Ihrem Vater, der zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet war, die Übernahme der hälftigen Kosten für die Teilnahme an einer Klassenfahrt ins Ausland. Der Vater hat sich geweigert, die Kosten auch nur anteilig zu tragen, woraufhin die Antragstellerin erfolglos gerichtlich gegen den Vater vorgegangen ist. Das Amtsgericht hat die begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt unter Hinweis darauf, dass ein Sonderbedarf als unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf nur dann gegeben sei, wenn der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen gewesen sei und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnte (so auch BGH in NJW 2006, 1509). Die Entscheidung des AG Lüneburg wurde durch das OLG Celle noch bestätigt, welches ergänzend ausgeführt hat, das ein Betrag in Höhe von € 180,00 nicht als zusätzlicher außergewöhnlich hoher Bedarf angesehen werden könne.
Unwirksamkeit von Haftungsausschlüssen in AGB beim Paketversand in die GUS; rechtskräftiges Urteil des AG Darmstadt vom 04.07.2012
Die Klägerin hat im Jahr 2009 diverse Pakete mit einem privaten Paketunternehmen, das auf den Transport von Paketen in die GUS-Staaten spezialisiert ist, an einen Empfänger in einem ehemaligen GUS-Staat versandt. Auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Transportunternehmens ist u.a. in Ziffer 8 aufgeführt: "Für eventuelle Lieferverzögerungen oder Nichtauslieferung der Postpakete infolge höherer Gewalt bzw. durch mögliche Verzögerungen an den Grenzübergängen wird keine Haftung übernommen."
Die Beklagte teilte der Klägerin wiederholt mit, dass der Transport an der Grenze aufgehalten worden sei und nicht geklärt werden könne, wann die Pakete ausgeliefert werden würden. Die Klägerin verlangte von der Beklagten Schadenersatz (Erstattung des Wertes der Pakete und Rückzahlung der Versandkosten) unter Hinweis darauf, dass die Regelungen in Ziffer 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei, da diese Regelung gegen das Transparenzgebot verstoßen würde und die Regelung darüber hinaus von der klaren Haftungsregelung des CMR abweichen würde.
Die Beklagte verweigerte Zahlung unter Berufung auf Ziffer 8 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Für den Vertrag gelten die CMR, die Internationale Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen. Sobald mindestens ein Staat (Versand oder Empfang) Mitgliedsstaat des Übereinkommens ist, gelten die Regelungen des CMR. Gemäß Art. 17 CMR haftet die Frachtführerin (das Transportunternehmen) für den Verlust des Beförderungsgutes in der Zeit zwischen Übernahme des Gutes beim Versender bis zur Ablieferung beim Empfänger.Das Gericht hat der Klage vollumfänglich mit folgenden Erwägungen stattgegeben:
Ein Verlust des Beförderungsgutes liegt dann vor, wenn dieses in absehbarer Zeit nicht an den Berechtigten ausgeliefert werden kann, wobei vorliegend auf Grund des Versands im Jahre 2009 davon ausgegangen werden könne. Dieser Anspruch ist auch nicht durch den Haftungsausschluss in Ziffer 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen, da die Regelung in Ziffer 8 insofern unwirksam ist. Gemäß Art. 41 CMR sind Vereinbarungen unwirksam, wenn diese von Regelungen des Übereinkommens (CMR) abweichen. Da die Regelung in Ziffer 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der klaren Haftungsverteilung des Art. 17 CMR abweicht, ist die vorliegende AGB-Klausel unwirksam.
Die Beklagte musste die geltend gemachte Klageforderung sowie sämtliche Verahrenskosten tragen.
Vertragsstrafe in AGB für "Gutschein-Hefte"; rechtskräftiges Urteil des AG Lüneburg vom 12.05.2011 (Unwirksamkeit von Vertragsstrafen)
Der Beklagte betreibt ein Restaurant. Die Klägerin vertreibt einen Gutscheinblock. Der Beklagte hat mit seinem Restaurant in dem Gutscheinheft geworben. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin war der Beklagte mit seiner Teilnahme an dem Gutscheinblock dazu verpflichtet, dann, wenn zwei Gäste vor der Bestellung den Gutschein für das Restaurant des Beklagten vorlegen, das günstigere der beiden bestellten Hauptgerichte kostenlos an die Gäste auszugeben.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin war ausgeführt, dass der Beklagte für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung, das günstigere Essen kostenlos abzugeben, eine Vertragsstrafe von € 2.500,-- je Fall an die Klägerin zahlen muss.
Die Klägerin hat den Beklagten vor dem Amtsgericht Lüneburg auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,-- in Anspruch genommen, da er gegen die Verpflichtung, den günstigeren Hauptgang bei Vorlage des betreffenden Gutscheins aus dem Gutscheinheft kostenlos abzugeben, verstoßen haben soll. Die Klägerin hat für diesen Umstand diverse Zeugen benannt, die sich bei der Klägerin über den Beklagten beschwert hätten, da Ihnen trotz Vorlage des Gutscheins das günstigere Gericht nicht kostenlos überlassen worden sei. Der Beklagte trug vor, dass die Vorwürfe unzutreffend seien, er würde bei vorheriger Vorlage des Gutscheins das günstigere bzw. zweite Geicht kostenlos ausgeben. Im übrigen sei die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsstrafe unwirksam. weil sie den Kunden, also den Betreiber des Restaurants, gegenüber dem Herausgeber des Gutschein-Heftes unangemessen benachteiligen würde.
Das Amtsgericht hat sich der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Es führt aus, dass die Werbung des Beklagten in dem Gutscheinheft kostenlos erfolgen würde und das Gutscheinheft selbst zu einem geringen zweistelligen Eurobetrag verkauft werden würde. Außerdem würde die Klägerin nur sehr geringen Schadenersatzansprüchen ihrer Kunden ausgesetzt sein, die das Gutscheinheft gekauft haben, aber die vertraglich zugesicherte Leistung nicht erhalten würden. Aus alledem ergibt sich, dass die Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,-- je Fall der Zuwiderhandlung unangemessen ist, so dass die Klage abzuweisen war!
Welche Konsequenz hat diese Entscheidung für Restaurantbetreiber, die an den Bonusprogrammen teilnehmen?
Grundstätzlich brauchen Restaurants auf Grund dieser Rechtsprechung, die auch vom Amtsgericht Worms geteilt wird, welches für den Sitz des Vertreibers der Gutschein-Hefte örtlich zuständig ist, nicht mehr die hohe Vertragstrafe von € 2.500,-- je Vertragsverstoß zu fürchten. Die Entscheidung wurde rechtskräftig, so dass derzeit davon auszugehen ist, dass der Vertreiber der Gutschein-Hefte es nicht darauf anlegt, eine Entscheidung eines übergeordneten Gerichts herbeizuführen.
Schadenersatz von Flugtreisenden bei einer Flugverspätung von mehr als 3 Stunden; Urteil des EuGH zum Az: C-402/07 (Entschädigung bei Flugverspätungen)
Grundsätzlich haben Flugreisende gemäß Art. 5 Abs. 1c) in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1b) EU-VO 261/2004 ("Fluggäste-Verordnung") bei Annulierung eines Fluges oder bei Nichtbeförderung durch die Fluggesellschaft (z.B. bei Überbuchung des Fluges) einen Ausgleichsanspruch gegen die Fluggesellschaft, dessen Höhe Abhängig ist von der Flugstrecke, die der Flugreisende zurücklegen wollte.
In der Verordnung wird bei Flugverspätung KEINE Entschädigung für die Flugreisenden festgesetzt. Vielmehr haben die Fluggesellschaften bei Verspätung Unterstützungsleistungen, wie z.B. Unterkunft und Verpflegung zu erbringen; der die Fluggesellschaften häufig aber nur sehr widerwillig bis gar nicht oder nur auf Aufforderung nachkommen. Der Europäische Gerichtshof hat in der oben genannten Entscheidung nun entschieden, dass Flugreisende bei einer Verspätung von mehr als 3 Stunden ebenfalls einen Anspruch auf die Zahlung der Entschädigung gemäß Art. 7 Abs. 1b) EU-VO 261/2004 haben. Mit dieser Entschädigung soll der nicht wieder einzuholende Verlust an Zeit ausgeglichen werden, der durch die Verspätung entsteht.
Wir haben selbst mehrere Verfahren gegen eine große deutsche Fluggesellschaft geführt, nachdem diese sich bei Verspätungen trotz der einschlägigen Entscheidung des EuGH zum Az. C-402/07 geweigert hatten, die Entschädigung zu zahlen. Unsere Erfahrung ist, dass die Fluggesellschaft es auf eine Entscheidung deutscher Amtsgericht, die wegen der Höhe der zu fordernden Entschädigung zuständig sind, nicht ankommen lassen will. Die Verfahren wurden vor der Entscheidung durch Zahlung einer Vergleichssumme abgeschlossen.
Bei Flugverspätungen von mehr als 3 Stunden sollten Sie sich also nicht scheuen, einen Anwalt mit der Geltendmachung Ihrer Ansprüche zu beauftragen.
Die Erklärung "in Deutschland nach Vollabnahme zugelassen.... einfach anmelden und losfahren..." stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs dar; Beschluss OLG Köln vom 17.10.2011.
Der Kläger hat über eine Internetplattform einen Pkw ersteigert, der aus den USA in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurde. Auf der Internetplattform wurde das Fahrzeug wie folgt beworben: "...in Deutschland nach Vollabnahme zugelassen.... hat deutsche Papiere,... einfach anmelden und losfahren....".
Nach Erteilung des Zuschlags hat der Kläger das Fahrzeug oberflächlich in Augenschein genommen und noch einmal einen zusätzlichen schriftlichen Kaufvertrag unterzeichnet, in dem die Gewährleistung für Mängel des Fahrzeugs ausgeschlossen waren.
Bei dem Versuch, das Fahrzeug zuzulassen, musste der Kläger feststellen, dass das Fahrzeug nicht zulassungsfähig war, weil diverse Teile in dem Fahrzeug verbaut wurden, die einer Zulassung in Deutschland entgegenstehen. Dies wurde auch dem ursprünglichen Eigentümer des Fahrzeugs vom TÜV mitgeteilt. Der Kläger hat einen hohen Betrag investiert, um das Fahrezeug so herzurichten, dass es in Deutschland zugelassen werden kann. Er begehrt von dem Beklagten Erstattung der Aufwendungen für die Herrichtung des Fahrzeugs zur Vollabnahme; der Beklagte verweigert die Zahlung unter Hinweis auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss und dem Hinweis, dass ihm die Nichtzulassungsfähigkeit nicht bekannt gewesen sei.
Das OLG Köln hat nun in dem oben genannten Beschluss festgestellt, dass ein in einem Kaufvertrag vereinbarter Gewährleistungsausschluss sich nicht auf eine im Kaufvertrag gleichzeitig vereinbarte Beschaffenheitsvereinbarung bezieht, da die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer sonst sinnlos wäre.
Wenn aber in dem Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages insbesondere auf die in Deutschland bereits erfolgte Vollabnahme hingewiesen wird und dem Käufer dann noch erklärt wird, er bräuchte das Fahrzeug einfach nur anzumelden, um es nutzen zu können, so liegt in diesem Verhalten die Erklärung, dass das Fahrzeug in einer solchen Beschaffenheit ist, dass es in Deutschland ohne weitere Umbaumaßnahmen zum Straßenverkehr zugelassen werden kann.
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